Im Schatten des Pantheons - Tagleuchtendes Licht

Leseprobe Tagleuchtendes Licht – Kapitel 1

Nächste Woche erscheint der finale Band der Pantheons-Trilogie „Tagleuchtendes Licht“. 🥳 Wollt ihr schon mal reinlesen? Dann folgt hier eine Leseprobe vom Anfang des Romans.

Spoiler-Gefahr: Ja, zu Band 1 und 2
Du hast den Anfang noch nicht gelesen? HIER kommst du zu einer Leseprobe des ersten Bandes.


Die Büchse der Pandora ruhte auf einer steinernen Stele. Sie war ziemlich klein, wenn man bedachte, dass sämtliche Übel der Welt dort ihren Ursprung hatten. Sie bestand aus grau marmoriertem Stein und an den Ecken waren Metallbeschläge angebracht. Rote und grüne Farb­tupfer ergaben ein Muster, das an Blumen erinnerte. Jemand hatte Gummibänder darum gewickelt und ein Gewicht auf den Deckel gelegt, damit niemand versehentlich das letzte Übel befreite.

Ein paar Treppenstufen führten zu der Stele hinauf. Davor standen mehrere Lichtleuchter mit gelangweilten Mienen Wache. Isi wäre gern näher herangegangen. Sie hatte in einem Museum gearbeitet, kannte sich aus mit wertvollen Exponaten. Und sie war nicht so dumm, den Deckel aufzureißen.

Erst zwei Wochen waren seit ihrer Rückkehr ins Nirgendwo vergangen. Als Ares sie bei den Lichtleuchtern abgesetzt hatte, waren die vier Winde längst zu ihrem Strafbesuch bei Aiolos aufgebrochen. Isi war froh, dass sie Zephy nicht noch einmal hatte begegnen müssen. Nicht, nachdem er sie für den nächst­besten hintergangen hatte.

Dafür war Eliah ihr vor Freude um den Hals gefallen. Und das, obwohl sie sich gestritten hatten, bevor er sie vor inzwischen drei Monaten im Krankenhaus zurückgelassen hatte.

Leseprobe

Es gab einiges an Neuigkeiten, die sie hatten austauschen müssen. Isi hatte ihm stolz die Armbrust präsentiert, die sie mit ihrer Ernennung zur Lichtleuchterin bekommen hatte. Im Gegenzug hatte Eliah von den neuesten Entwicklungen rund um Pandoras Büchse berichtet.

Er hatte erzählt, dass sich die Leute am Anfang scharenweise in diese kleine Halle gedrängt hatten. Alle wollten die wunder­same Kiste begaffen, nach der die Lichtleuchter jahr­hun­der­te­lang gesucht hatten. Unsterbliche aus dem Nirgendwo waren mit ihren Freunden von außerhalb gekommen.

Dino hatte sich in ihrer Anerkennung gesonnt. Als Held der Stunde war er von Grüppchen zu Grüppchen geschlendert und hatte mit lauter Stimme von seinem Triumph berichtet. Isis und Eliahs Rolle beim Finden der Büchse hatte er aus­gelassen.

Der Straßenstaub war inzwischen aufgekehrt worden. Die Luft roch noch immer muffig, was daran liegen mochte, dass durch die kleinen Fenster kaum Luft in den Raum kam. In die Decke waren Scheinwerfer eingelassen, die jeden versteckten Winkel ausleuchteten. Der einzige Ein- und Ausgang wurde drinnen wie draußen bewacht. An einer Wand überdeckten große Monitore die hölzernen Wandpaneele und ließen die Besucher wissen, dass Kameras sie beobachteten.

Isi interessierte es nicht, dass sie ihren Teil vom Ruhm nicht abbekam. Eliahs Miene verdunkelte sich zwar jedes Mal, wenn die Sprache darauf kam, wer die Büchse gefunden hatte, doch für Isi zählte nur, dass sie sie schleunigst nutzen mussten, um die Menschen endlich von der Schattenplage zu befreien. Allen voran Benny.

»Das da, ja?« Isi hatte ihre Stimme gedämpft. Sie deutete auf die Büchse. »Wie sollen die ganzen Aychmeros da reinpassen?«

Sie warf einen flüchtigen Blick zu den Wachen. Mit keinem Gegenstand hatten die Lichtleuchter sich so intensiv be­schäf­tigt wie mit Pandoras Büchse. Außer vielleicht mit den Schatten selbst.

Aber Isi war die Neue, die dumme Fragen stellte, deren Antwort die anderen seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten kannten.

Eliah zuckte mit den Schultern. Er hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben, wo er vermutlich die geballten Fäuste versteckte, die er neuerdings kaum löste. »Bei Hephaistos’ Erfindungen weiß man nie.«

Isi warf einen letzten Blick auf die Büchse. Das war also der Gegenstand, auf den alle ihre Hoffnung setzten. Ziemlich ironisch, wenn man bedachte, dass ausgerechnet die ein­ge­sperrte Hoffnung die Lichtleuchter daran hinderte, die Büchse zu nutzen. Sie waren sich uneins, wie sie damit umgehen sollten.

Die Hoffnung würde die Menschen noch mehr leiden lassen, wenn sie freikäme. Sie würde ihnen Träume und Mög­lich­keiten vorgaukeln, bloß um sie ihnen dann wieder zu entziehen. Isi kannte das Gefühl. Die Hoffnung war dein bester Freund. Bis sie dir mit einem Messer in den Rücken stach und sich in Ent­täuschung verwandelte.

Wer wusste schon, ob die Licht­leuchter sie wieder einfangen konnten, wenn sie einmal frei war?

Isi hatte genug gesehen. Sie bedeutete Eliah mit einem Nicken, die Halle zu verlassen.

Auf den Gängen herrschte geschäftiges Treiben. Früher waren Isi nur die Einsatztruppen mit ihren leuchtenden Waffen aufgefallen. Oder sie hatte einfach jeden in einer Uniform für einen Kämpfer gehalten. Jetzt begegneten ihr viel mehr Lichtleuchter mit Sackkarren und Putzwagen.

Isi hatte sich nie Gedanken gemacht, wer im Quartier Ord­nung hielt. Dass sich das geändert hatte, lag einzig und allein daran, dass Gregorios sie genau denen zugeteilt hatte.

Sicher, der Kommandant der Lichtleuchter war beeindruckt gewesen, dass Ares persönlich sie abgeliefert hatte. Die großen Zwölf ließen sich selten genug dazu herab, Lichtleuchter zu ernennen. Der Letzte war Hades gewesen. Im Gegensatz zu dessen Schützling Dino, konnte Gregorios Isi allerdings nicht leiden. Kaum war der Kriegsgott verschwunden, hatte Gregorios andere Töne angeschlagen.

Isi hatte schon Schwierigkeiten gemacht, bevor sie überhaupt Lichtleuchterin geworden war. Eliah hatte sie unerlaubt ins Nirgendwogeschleppt, wo sie gemeinsam munter gegen alle Regeln verstoßen, Pandora im Alleingang gefunden und das Pantheon in Aufruhr versetzt hatten.

Wie ein aufgebrachtes Zootier hatte Gregorios Isi und den Schreibtisch umrundet, ohne sie aus den Augen zu lassen. Er könne keine Unruhestifter gebrauchen, hatte er erklärt.

Schließlich hatte er tief durchgeatmet und Isi versöhnlich angesehen. »Machen wir das Beste daraus«, hatte er verkündet. »Amelia kann immer Verstärkung für ihren Putztrupp ge­brauchen. Damit kennst du dich ja schon aus und der Schaden, den du anrichten kannst, wird sich in Grenzen halten.«

Isi hatte protestiert, aber das hatte Gregorios nur in seiner Entscheidung bestärkt.

»Ich habe noch eine Stunde«, erklärte Isi mit Blick auf die Armbanduhr, die Eos ihr geschenkt hatte. Ein zweifelhaftes Geschenk, denn sie hatte sich darüber geärgert, dass Isi ständig zu spät zu ihren Verabredungen kam. Das wiederum lag allein daran, dass Amelia ihr zu viel Arbeit aufhalste. Aber je schneller Isi war, umso mehr Aufgaben wurden es.

Gemeinsam schlugen sie den Weg in Richtung Trainingshalle ein. Wenn Eliah und Isi gleichzeitig frei hatten, was selten genug vorkam, half er ihr beim Üben mit der Armbrust. Ares und Eos hatten diese spezielle Waffe, der nie die Munition ausging, extra für sie gefertigt. Nur traf Isi in neun von zehn Fällen nicht einmal die Zielscheibe.

In den Trainingsräumen war es jetzt leer. Auf irgendeiner der schwarzen Trainingsmatten rangen zwei Lichtleuchterinnen miteinander. Aber die Zielscheiben waren weit am Rand, sodass Eliah und Isi ihre Ruhe hatten.

»Warum sperren Zeus und die anderen die Schatten nicht selbst weg?«, fragte Isi zwischen zwei Schüssen. »Sie haben die Aychmeros erschaffen. Also müssen sie die Schatten auch besiegen können, oder nicht?«

»Daran haben die kein Interesse.« Eliah half ihr, die richtige Position für den Schuss zu finden. Nicht, dass er mehr Er­fah­rung mit der Armbrust gehabt hätte. Er sog diese Art von Wissen bloß auf wie ein Schwamm und hatte deshalb viel schneller Fortschritte gemacht als sie. »Was nutzt es ihnen, wenn alle Menschen plötzlich die Energie haben, eigene Ziele zu verfolgen? Ohne einen Schatten im Nacken, der sie runter­zieht, meine ich.«

Isi betätigte den Auslöser. Die Sehne schnellte zurück. Der Schuss klingelte ihr in den Ohren, aber der Lichtstrahl steckte wieder einmal in der Wand statt der Zielscheibe. Er zitterte leicht, als würde er sich vor Lachen schütteln. Bald würde er verblassen und ein Brandloch hinterlassen.

Frustriert ließ Isi die Armbrust sinken. »Willst du damit sagen, sie können die Schatten gezielt auf bestimmte Menschen ansetzen, die ihnen auf die Nerven gehen?«

Eliah zuckte mit den Schultern. »Du musst dich besser konzentrieren.«

Er hatte gut reden. Immerhin wusste er, wozu er trainierte. Isis Aussichten, einen aktiven Beitrag im Kampf gegen die Schatten zu leisten, waren hingegen eher schlecht. »Wenn es einerseits verboten ist, Oppositionellen zu helfen und das Pan­theon die Schatten andererseits gezielt auf genau die ansetzt, dann …« Isi starrte ihn mit großen Augen an. Dann war das Pantheon viel schlimmer, als sie angenommen hatte.

Eliah warf einen flüchtigen Blick durch die Trainingshalle, doch es war noch immer niemand in ihrer Nähe, der sie hätte hören können. »Dafür gibt es keine Beweise. Und ohne ist es Hochverrat.«

Er sah sie eindringlich an, als wollte er sie beschwören, das Thema bloß schnell wieder zu vergessen. Isi hatte sich schon einmal sehr weit aus dem Fenster gelehnt, indem sie das Pantheon beschuldigt hatte, nicht im Sinne der Menschen zu entscheiden. Noch mal kam sie vielleicht nicht so glimpflich davon. Vor allem nicht, wenn sie den Unsterblichen dieses Mal das systematische Ausschalten politischer Gegner unterstellte.

Eliah seufzte und warf einen Blick auf seine Uhr. Isi tat es ihm nach. Zeit, an die Arbeit zu gehen.


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