Dass ausgerechnet Pandora und ihre Büchse für meine Pantheons-Trilogie zum Mittelpunkt geworden sind, war reiner Zufall. Eigentlich habe ich mich immer für die Römer begeistert und nicht so sehr für die Griechen. Aber dann bin ich bei der Recherche auf Pandora gestoßen und es hat Klick gemacht. Einfach alles hat perfekt in die Geschichte gepasst. Das einzige Problem an der Sache: Ausgerechnet diese Legende haben die Römer (die ja sonst quasi alles von den Griechen gemopst haben) nicht übernommen.
Römische und griechische Mythologie mischen? Kam für mich absolut nicht infrage! Damit ging für mich also eine aufregende Reise zu den alten Griechen los. Und am Ende bin ich mehr als glücklich über alles, was ich dabei herausgefunden und gelernt habe.
Die Legende von Pandora
In Grundzügen kennst du Pandoras Geschichte vermutlich. Schließlich ist sie eine der bekanntesten aus der griechischen Mythologie. Pandora, das ist die Frau, die in ihrer Büchse alle Übel der Welt mit sich trug und sie schließlich die Welt entließ. Um ihre Geschichte zu verstehen, ist es aber notwendig, zunächst etwas über den Kontext zu erfahren. In einem der letzten Blogbeiträge haben wir uns die Geschichte von Prometheus angeschaut. Falls dir das zu langweilig ist, kannst du dir die Legende auch in dieser Leseprobe HIER von einer der Figuren aus „Im Schatten des Pantheons“ erklären lassen.
Kurz zur Wiederholung wo wir stehen: Prometheus und Zeus waren aneinander geraten und streiten darüber, wer von ihnen schlauer und mächtiger ist. Wie wir bereits wissen, wird das für Prometheus kein gutes Ende nehmen. Zuvor will Zeus sich aber noch an den Menschen rächen, in deren Namen Prometheus seine Listen begangen hat.
Zu diesem Zweck beauftragt Zeus den Gott der Schmiedekunst Hephaistos, aus Lehm eine Frau zu erschaffen. Zeus und die anderen Götter statten sie mit allerhand guter Gaben und Eigenschaften aus: Schönheit, Wortgewandtheit, musikalisches Talent, Geschicklichkeit … und vor allem Neugierde. Ihr Name, Pandora, bedeutet „die Allgeschenkte“.
Zeus gibt Pandora zudem eine Schatulle mit auf den Weg. Darin verbirgt er alle Übel der Welt. Er schärft Pandora ein, sie auf keinen Fall zu öffnen. Dann bringt Zeus Pandora zu Epimetheus. Wir erinnern uns: Epimetheus („der nachher Bedenkende„) ist der Bruder von Prometheus („dem vorher Bedenkenden„). Obwohl Prometheus seinen Bruder davor warnt, heiraten Epimetheus und Pandora.
Pandora wiederum muss irgendwann ihrer unstillbaren Neugierde nachgeben und öffnet die Büchse. Die darin enthaltenen Übel können entweichen und so gibt es nun Krankheit, Tod und überhaupt alles Schlechte in der Welt. Ganz am Boden der Büchse verbirgt sich zuunterst die Hoffnung. Bevor diese entweichen kann, schließt Pandora den Deckel wieder.
Das Hoffnungs-Dilemma
Beim Schreiben der Pantheons-Trilogie hat mir die gefangene Hoffnung wirklich Kopfzerbrechen bereitet. Egal wie viel ich recherchiert hatte, eine richtig gute Antwort darauf, was das eigentlich soll, habe ich nicht gefunden. Dafür aber verschiedene Erklärungsmöglichkeiten:
- Die Büchse muss zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal geöffnet worden sein. So konnte die Hoffnung entweichen, sodass die Menschen sie nun ebenfalls kennen.
- Die Hoffnung ist in der Büchse sicher verwahrt. Wenn sie entkäme, würde sie den Menschen verloren gehen. Für mich ergibt das ehrlich gesagt keinen Sinn. Warum werden die Übel erst wirksam, wenn sie aus der Büchse raus sind – die Hoffnung würde genau dadurch aber ihre Wirkung verlieren?
- Im Sinne der Pandora-Legende ist die Welt ein trostloser, hoffnungsloser Ort. Die Menschen müssen sich zwar mit den Übeln herumschlagen, die rettende Hoffnung bleibt aber weggesperrt.
- Die Hoffnung ist das schlimmste Übel von allen. Pandora hat also gerade noch verhindert, dass die Lage für die Menschen noch schlimmer wird, indem sie den Deckel rechtzeitig geschlossen hat. Das erklärt aber nicht, warum wir das Konzept „Hoffnung“ dennoch kennen, wenn den Menschen vorm Öffnen der Büchse Tod, Krankheit etc. vollkommen fremd waren.
Dass die Hoffnung mal als etwas Positives und mal als etwas Negatives gesehen wird, stellt für mich keinen Widerspruch dar. Einerseits dient sie und als Antriebskraft: Wir hoffen, eine Prüfung zu bestehen, obwohl wir nicht genug gelernt haben. Wir hoffen, dass die Zeit und das Geld, die wir in etwas investieren, sich lohnen. Und ich persönlich hoffe, eines Tages mit dem Schreiben meiner Bücher meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Andererseits lässt die Hoffnung uns an aussichtslosen Dingen festhalten: Wir halten an gescheiterten Beziehungen fest, weil wir hoffen, dass unser*e Partner*in sich ändern wird. Wir halten an Jobs fest, die uns auslaugen, weil wir auf eine Gehaltserhöhung hoffen. Wir hören nicht auf mit dem Rauchen und drosseln unseren Schokoladenkonsum nicht, weil wir hoffen, dass es schon irgendwie gutgehen wird.
Wenn du wissen willst, wie ich dieses Hoffnungs-Dilemma beim Schreiben gelöst habe, solltest du unbedingt alle drei Teile der Pantheons-Trilogie lesen. 😏
Die Figur Pandora
Inzwischen habe ich mir so viele Gedanken über die Person Pandora gemacht, dass ich am liebsten ein ganzes Buch nur über sie schreiben würde. Die Mythologie lässt so viele Fragen offen. Von den Göttern wird sie wie ein Gegenstand, bestenfalls wie ein Haustier weitgegeben. Über ihr Innenleben erfahren wir jedoch nichts.
Zum einen stellt sich die Schuldfrage. Wer ist verantwortlich dafür, dass Pandora am Ende die Büchse geöffnet und die Übel entlassen hat? Auch wenn sie die ausführende Person ist, so war es doch Zeus, der den Plan von Anfang an eingefädelt hat. Er erschuf nicht nur die Büchse mit all ihren Übeln, sondern sorgte auch dafür, dass Pandora genau die Charaktereigenschaften erhielt, die es ihr unmöglich machen, die Büchse in einen Schrank zu stellen und zu vergessen. Pandoras einziger Zweck, zu dem sie erschaffen wurde, ist es, die Büchse zu öffnen. Zeus konnte also sichergehen, dass sein Plan aufging und am Ende trotzdem seine Hände in Unschuld waschen. Er war es schließlich nicht, der die Übel auf die Menschen losließ.
Das führt uns direkt zur nächsten Frage: Was wird aus Pandora, nachdem sie die Büchse geöffnet hat? Darüber ist in der Mythologie nichts überliefert. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass sie von den Menschen geächtet und von den Göttern verstoßen wird. An ihrer Stelle hätte ich mit wahnsinnigen Schuldgefühlen zu kämpfen. Und ich würde mir von den Göttern benutzt vorkommen.
Mir war es daher wichtig, meiner Pandora in der Pantheons-Trilogie eine selbstgewählte Aufgabe zu geben. Was wir aus der Mythologie kennen, ist Pandora als Zeus‘ Schachfigur. Die Person Pandora kennen wir jedoch nicht.
Pandoras Erbe
Noch mehr als Prometheus, ist der Pandora in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. „Die Büchse der Pandora öffnen“ steht sinnbildlich für eine Handlung, die eine ganze Lawine an negativen Folgen auslöst. Ähnlich wie Eva in der Bibel, muss auch Pandora es sich gefallen lassen, für alles Schlechte verantwortlich gemacht zu werden. Als Stellvertreterin für „die Frau“ an sich, wird sie als Begründung für Frauenhass und Diskriminierung herangezogen.
Ich persönlich finde das sehr schade. Die Legende um Pandora hat alles, was es für die Origin Story einer starken Heldin braucht, die ein grandioses Comeback hinlegt und sich gegen die Ungerechtigkeit der Götter auflehnt. Diese Geschichte will nur erst noch geschrieben werden.